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HEAT Training / HEAT Adaptation

los gehts

Hitzeadaptation für Wettkampf und Leistung

 

Die Welt des Radsports ist geprägt von harten Wettkämpfen, bei denen Athleten oft unter extremen Bedingungen wie Hitze und Sonneneinstrahlung fahren müssen. Um sich optimal auf solche Herausforderungen vorzubereiten und die Leistungsfähigkeit zu steigern, setzen viele Radsportler auf Hitzeadaptationstraining. Diese Trainingsmethode, die sowohl zu Hause als auch in warmen Umgebungen durchgeführt werden kann, hat sich als effektiv erwiesen, um den Körper an hohe Temperaturen zu gewöhnen und die Leistungsfähigkeit zu verbessern.

 

Warum Hitzeadaptation?

Bei Radsportveranstaltungen wie der Tour de France oder dem Giro d’Italia können die Temperaturen oft extrem hoch sein und unter solchen Bedingungen kann der Körper schnell überhitzen, was zu einem Leistungsabfall und sogar zu gesundheitlichen Problemen führen kann.

 

Studien haben gezeigt, dass Hitzeadaptationstraining die Leistungsfähigkeit von Radsportlern verbessern kann. Eine Untersuchung veröffentlicht in der Zeitschrift „Journal of Applied Physiology“ (Sawka et al., 2011) fand heraus, dass Athleten, die Hitzeadaptationstraining durchführten, eine verbesserte Ausdauer und eine verringerte Herzfrequenz während des Trainings in heißen Bedingungen zeigten.

 

Eine Untersuchung von Racinais et al (2014) zeigte wie viele andere, dass die Leistungen bei (Zeit-)Fahren unter Hitzebedingungen massiv abnehmen. In dieser konkreten Studie wurde eine 43,4km Zeitfahrleistung bei 8 ± 3 Grad (TTC) den gleichlangen Zeitfahrleistungen bei 34Grad ± 3Grad gegenübergestellt (TTH). Die Fahrer waren sehr gut trainiert mit einem Wochenumfang von 14±4h und die TTC betrug 1h06min ±3min. Der Leistungsverlust ist klar ersichtlich, wenn man die TTH mit 1h17min ±6min gegenüberstellt. Dabei war das Pacing fast exakt gleich, nur dass die Leistung nicht aufrecht erhalten werden konnte.

 

Périard et al zeigte 2011, dass der thermale Stress den Herzkreislaufstress erhöht und das Schlagvolumen bei gleicher Leistung sinkt (verglichen mit kühleren Umgebungen), was die maximale Sauerstoffaufnahme verringert und die Fähigkeit, hohe Leistungen aufrecht zu erhalten, sinkt.

 

Dies relativiert sich jedoch bei vermehrtem Training unter diesen warmen Bedingungen, denn am sechsten Tag betrugen die Zeiten bereits 1h09 ±4minund am 14. Tag 1h05min ±3,4min. Man kann sehr gut beobachten, dass nach 14 Tagen Hitzeakklimatisation sich die Leistung an die bei kühlen Bedingungen wieder angleicht. Die vermeintlich leicht verbesserten Zeiten sind sowohl statistischen Gründen als eventuell auch Trainingseffekten in dem Zeitraum geschuldet.

 

Bei dieser speziellen Untersuchung war interessant, dass die Körperkerntemperatur bei kälteren Bedingungen am Ende bei ca. 38 Grad gelegen ist und bei den drei verschiedenen Zeitpunkten der Hitzezeitfahrleistung bei 40Grad im Mittel bei keinen großen Abweichungen. Das heißt, die Körperkerntemperatur ist ziemlich gleich geblieben, aber die Leistungsfähigkeit hat sich durch die Gewöhnung an die Umgebung deutlich verbessert.

 

Durch ein gezieltes Hitzeadaptationstraining kann der Körper besser mit den Bedingungen umgehen. Durch die schrittweise Gewöhnung werden thermoregulatorische Mechanismen verbessert, wie z.B. die Schweißproduktion und die Blutzirkulation, was zu einer besseren Leistungsfähigkeit führt.

 

 

Wie wird Hitzeadaptationstraining durchgeführt?

 

Plant man also einen Wettkampf in wärmeren Umgebungen und vielleicht sogar warm-feuchten, dann ist eine Akklimatisationsphase vor Ort „wärmstens“ zu empfehlen. Je länger desto besser, 14 Tage scheinen jedenfalls eine optimale Vorbereitung darzustellen. Falls dies aus logistischen oder anderweitigen Gründen nicht möglich ist, gibt es Strategien, die auch zu Hause durchgeführt werden können. Zum Beispiel Training in künstlich warmen Umgebungen wie indoor fahren und Raum erhitzen, warme Kleidung tragen, evtl. sogar im Ganzkörperanzug. Es gibt auch Untersuchungen, die zeigen, dass warme/heiße Bäder NACH einem Training unterstützend wirken. Allerdings sollte man eher nicht in der Sauna trainieren und dann in ein heißes Bad springen, das wäre dann zu viel des Guten. Dabei gilt es nämlich auch immer zu bedenken, dass das ein massiver Stress auf den Körper ist (auch in der Erholung beachten) und das Training mit deutlich reduzierten Intensitäten durchgeführt werden MUSS. Es geht auch gar nicht darum, einen optimalen Trainingsreiz zu erzeugen, sondern eher um „schwitzen lernen“. Daher ist eine sehr niedrige Grundlage oder darunter der Beginn solchen Trainings. Zusätzlich muss auch viel mehr getrunken werden, was zwar selbstverständlich sein sollte, aber man darf es keinesfalls vergessen.

 

Abhängig davon, welche Möglichkeiten man hat, werden von Saunders (2019) folgende Strategien zur Akklimatisation vor einem Wettkampf als zielführend beschrieben.

 

Der Sportler kommt früh (10-14d) vor dem Wettkampf an. 2 Optionen:

  • 1-2 Hitzeakklimatisationen (s. Trainings unten) pro Woche für 4-8 Wochen vor der Reise und dann 1 Woche vor Ort in der Hitze trainieren, danach die Akklimatisation erhalten durch gelegentliches Training in der Hitze
  • 7-14d Hitzeakklimatisation 4-6 Wochen vor Abreise und dann ein oder mehr Erhaltungstraining(s) pro Woche bis zur Abreise, danach gleich. 1 Woche vor Ort in der Hitze trainieren, danach die Akklimatisation erhalten durch gelegentliches Training in der Hitze

 

Der Sportler kommt erst kurz vor Wettkampf an. 2 Optionen:

  • 7-14d Akklimatisation 2-3 Wochen vor Abreise und dann ein oder mehr Erhaltungstraining(s) in der Woche vor der Abreise
  • Ähnliche Variante: 7-14d Akklimatisation 4-6 Wochen vor der Abreise und dann ein oder mehr Erhaltungstraining(s) in der Woche. In der Woche vor der Abreise wird dann aber ein kurzes „Re-Akklimatisationsprogramm“ von 3-4d durchgeführt kurz vor Abreise.

 

Die Erhaltungstrainings in den einzelnen Varianten sind nicht zwingend notwendig, aber helfen, die erworbenen Akklimatisationsmechanismen zu erhalten.

 

 

Effekte von Hitzeadaptation

Die Gruppe um Reacinais und Périard et al (2015) veröffentlichten im „Medicine & Science in Sports & Exercise“, dass Hitzeadaptationstraining zu einer erhöhten Plasma-Volumen und neben reduziertem kardiovaskulären Stress zu einer verbesserten Wärmeregulierung führen kann, was die Leistungsfähigkeit während des Trainings in der Hitze steigert, aber auch potentiell unter Normaltemperatur-Bedingungen.

 

Weiter stellte man fest, dass auch die Hämoglobinmasse (Hb-Masse) bei Hitzeadaptation steigt. Hier sind die Ergebnisse nicht eindeutig. Geht zum Beispiel eine Erhöhung der VO2max fast immer mit einer Erhöhung der Hb-Masse einher, kann es umgekehrt zu einer HB-Massenerhöhung kommen OHNE Erhöhung der VO2max, aber es ist auch nicht ausgeschlossen. (hierbei ist anzumerken, dass das Messverfahren der Hb-Masse wichtig ist, damit keine falschen Schlüsse aus Dehydration oder vermehrtem Plasmavolumen gezogen werden).

 

Ronnestad et al (2021) stellten zum Beispiel bei sehr gut trainierten Radsportlern durch so wenig wie 1h regelmäßigem leichten Training (in etwa 45-50% der Schwelle) fünfmal pro Woche für 5 Wochen in einer 38 Grad warmen Umgebung mit 65% Luftfeuchte eine deutliche Erhöhung der Hb-Masse fest. Diese Steigerung der Masse war signifikant gegenüber einer Kontrollgruppe mit demselben Training, aber nicht in einer Hitzekammer. Allerdings zeigte diese Erhöhung keine Auswirkung auf andere Parameter wie VO2max. Ob dies für weniger gut trainierte Sportler mehr Benefit verspricht, bleibt vorerst noch unklar.

Zu erwähnen ist, dass die Hb-Masse auch hoch bleibt, wenn die Hitzetrainings auf bis zu 3 Trainings reduziert werden.

Fazit

Hitzeadaptationstraining ist eine effektive Methode, um die Leistungsfähigkeit von Radsportlern in heißen Bedingungen zu verbessern. Indem der Körper an hohe Temperaturen gewöhnt wird, können thermoregulatorische Mechanismen optimiert werden, was zu einer besseren Leistung und einem geringeren Risiko von Hitzestress führt. Durch gezieltes Training zu Hause oder in warmen Umgebungen können Radsportler ihre Hitzeadaptationsfähigkeiten maximieren und sich so einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Hitzetraining (adaptiert nach Périard 2021)

Hitzeadaptation in natürlicher Umgebung:

  1. Starte mit selbstgewählter, subjektiver Intensität in einer Umgebung von 35-40 Grad für 60-90min. Die Watt-Leistung kann schwanken/abnehmen, aber die subjektive Anstrengung soll gleichbleiben
  2. Danach gehe über zur KONSTANTEN Leistungssteuerung über Watt. Wähle dabei eine Grundlagenintensität und fahre bei 35-40 Grad und 60-90min.
  3. Wechsle Nr. 2 ab mit herzfrequenzgesteuerten Einheiten, bei denen du die Herzfrequenz in einem Bereich konstant hältst, der der Herzfrequenz im Grundlagenbereich bei „Normaltemperaturen“ entspricht. Hierbei kann die Leistung natürlich wieder schwanken/sinken

Hitzeadaptation in künstlichen Umgebungen

Es treffen dieselben Möglichkeiten zu wie in natürlichen Bedingungen, künstlich kann man Hitze erzeugen durch:

  • Training in erhitzen Räumen
  • Training indoor (oder auch outdoor) mit mehr Kleidung als notwendig
  • Training mit dichten Kleidungen/Materialien (sog. Schwitz- oder Saunaanzüge wie sie bei Kampfsportarten zum Gewichtmachen verwendet werden)

Normales Training ergänzen durch passive Maßnahmen*

  • Abseits des Trainings: heiße Bäder (40 Grad warm) für 30-60min oder Sauna 70-90 Grad für 15-30min
  • DIREKT nach dem Training: die Bäder für 20-40min und Sauna 10-20min
  • In warmen Räumen die Körperkerntemperatur passiv durch die Wärme oder leicht aktiv auf ca. 38,5 Grad erhöhen und 60-90min dort halten. (Messung mittels Sensoren wie CORE™ oder auch sehr genau: rektal 😊

*Trainingsinduzierte Hitzeadaptation scheint allerdings wesentlich besser zu sein als passive Maßnahmen.

 

Quellen:

Sawka, M. N., & Leon, L. R. (2011). Heat Adaptation. Journal of Applied Physiology, 109(6), 1982–1983.

Périard, J. D., Racinais, S., & Sawka, M. N. (2015). Adaptations and mechanisms of human heat acclimation: Applications for competitive athletes and sports. Scandinavian Journal of Medicine & Science in Sports, 25(Suppl 1), 20–38.

Racinais et al (2014) Effect of heat and heat acclimatization on cycling time trial performance and pacing. Med&Sci in Spo&Ex.

 

 

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